Drei Freunde und ein Pflaumenbaum
Die drei kannten sich seit der Schulzeit und hatten es fertiggebracht, immer Freunde zu bleiben. So manchen Lebenssturm haben sie zusammen ausgehalten und waren immer füreinander da. Einer nach dem andern gründete seine Familie und baute seine berufliche Karriere auf. Aber einmal im Monat trafen sie sich und spielten Skat. Das war nun seit Jahrzehnten der Brauch und die Ehefrauen und Kinder akzeptierten es und waren daran gewöhnt. Nun war es so, dass sie nicht in der Kneipe spielten und auch nicht am Abend, sondern jeden letzten Samstagnachmittag des Monats bei einem von ihnen zu Hause. Das fanden sie gemütlicher und außerdem wurden sie von der jeweiligen Frau des Hauses mit belegten Brötchen, Bier und Saft versorgt.
Eine der Ehefrauen konnte nicht gut mit dem Arrangement leben. Wenn sie nicht die Gastgeberin war, konnte man darauf warten, dass sie ihrem Mann nachtelefonierte, weil irgendetwas klemmte, fehlte, tropfte… was auch immer, ihr fiel jedes Mal etwas ein, um mindestens drei Telefonanrufe zu begründen.
So auch an einem schönen warmen Sommertag. Die drei Freunde witzelten schon darüber, was der Frau heute wohl einfallen würde und bewunderten zum X-ten male die guten Nerven von ihrem Freund.
„Diesmal habe ich sie ausgetrickst“, strahlte dieser, „ich habe sogar noch schnell die Garage aufgeräumt. Heute kann sie nichts finden, um uns zu stören.“
Wie aufs Stichwort klingelte das Telefon. Die Freunde horchten Richtung Flur, wo das Telefon stand, und hörten zu ihrem Vergnügen, wie die Gastgeberin beschwörend sagt:
„Ja, natürlich…ja ich richte es ihm sofort aus.“
Gespannt warteten sie auf die Nachricht aus dem Flur, die prompt nicht auf sich warten ließ.
„Deine Frau hat angerufen. Du möchtest bitte gleich in den Garten kommen. Die Pflaumen müssen vom Baum und sie kommt nicht ran.“
Die nicht von der Nachricht betroffenen Freunde brachen in schallendes Gelächter aus. Einer witzelte:
„Immerhin ist Deine Garage aufgeräumt.“
„Ja, ja, wer den Schaden hat…, ihr seid mir die Richtigen“, lachte er mit, „lasst uns weiterspielen. Ich gedenke nicht auf den Anruf zu reagieren.“
Das taten sie dann auch, wurden aber nach einer halben Stunde wieder unterbrochen.
„Tut mir leid euch zu stören, aber deine Frau meint, die Pflaumen müssen runter und sie kommt nicht ran.“
„Na, das wissen wir ja schon. Sag ihr, wenn sie nicht warten will bis ich da bin, dann soll sie halt die Leiter nehmen.“
Keine Viertelstunde später kam der nächste Anruf.
„Ich glaube, es wäre gut, wenn du jetzt selber mit ihr reden würdest“, riet ihm die Gastgeberin, die sich das Lachen kaum verkneifen konnte.
Der Freund warf die Karten auf den Tisch, sprang auf und sagte:
„Ich bin in einer Viertelstunde wieder da.“ Dann stürmte er aus dem Haus.
Das hatten sie in all den Jahren noch nicht erlebt. War ihr Freund doch die Ruhe selber. Gespannt warteten sie auf seine Rückkehr. Und tatsächlich, nach einer knappen Viertelstunde kam er zufrieden lächelnd zurück.
„So“, sagte er, „jetzt haben wir Ruhe. Wer gibt?“
„Und die Pflaumen? So schnell kannst du die doch nicht gepflückt haben“, wunderten sich die Freunde.
„Nö, ich hab die Motorsäge geschnappt, den Baum umgesägt und ihr gesagt: So, jetzt kommst du ran.“ Sprach`s und sortierte dabei in Gemütsruhe seine Karten, während sich die Freunde vor Lachen quer legten.