Keinen Schritt weiter!

In Berlin besteht, wie fast überall, Leinenzwang für Hunde. Nur in explizit ausgeschilderten  Hundeauslaufgebieten gilt der Leinenzwang nicht. Allerdings steht nirgendwo geschrieben, wie so eine Hundeleine auszusehen hat und wie lang, oder kurz sie sein muss.

Mein Rüde Robin, seines Zeichens Hütehund-Mischling, war vom Welpenalter an, an meine „Mentale Leine“ gewöhnt. Das funktionierte ausgezeichnet, zumal Robin wohl mehr Sorge hatte, er könne mich verlieren, als ich ihn. Ohne Leine konnte ich mit ihm quer durch Berlin marschieren, ohne die geringsten Bedenken, dass er unerlaubt über die Straße sauste, Tauben hinterherjagte, oder ähnlichen Blödsinn anstellte. All das hob er sich für Feld, Wald und Flur auf und da durfte er es ja auch.

Eines Tages beschlossen wir einen Ausflug ans Wasser zu machen. Das Wetter war hervorragend, die Stimmung gut und wir konnten unserem auswärtigen Besuch die Naturseite von Berlin zeigen. Nachdem wir dann doch länger als geplant am Wasser entlang gewandert waren, beschlossen wir, die Abkürzung durch den Schlosspark zu nehmen, damit wir unser Berlin-Programm zeitgerecht absolvieren konnten. Die Idee war gut, fanden wir. Der Parkwächter wohl nicht. Der stand plötzlich, wie aus dem Boden geschossen, mitten auf dem Weg und sah mich mit bohrendem Blick an. (Wieso eigentlich mich?)

„Tach auch“, sagte er forsch.

„Guten Tag“, erwiderte ich freundlich und wollte ihn umrunden.

Er machte einen Ausfallschritt und stand wieder vor mir.

„Leine!“, sagte er.

„Bitte?“, fragte ich verwundert.

„Wo ist Ihre Hundeleine?“

„Ah, die ist zu Hause“, antwortete ich wahrheitsgemäß.

„Hier herrscht Leinenzwang!“

„Ich habe meinen Hund an der Leine!“ Ich dachte, versuchen kann ich es ja mal.

„Ich sehe keine.“

„Ich habe den Hund an meiner mentalen Leine.“ … Mal schauen ob es klappt.

„Wat für ´n Ding?“

„Na, er gehorcht sehr gut. Wie Sie sehen, bleibt er artig neben mir, streunt nicht durch die Rabatten und pinkelt die Schlossmauer nicht an.“ Es klapp wohl doch nicht, merkte ich.

„Reicht mir nicht. Nehmen Sie den Hund sofort an die Leine.“

„Ich habe keine Leine.“

„Wo ist Ihre Leine denn?“

Boh… das hatten wir doch schon. Unsere Besucher amüsierten sich köstlich und harrten gespannt der Dinge, die nun kommen sollten.

„Zu Hause.“

„Sie gehen keinen Schritt weiter, wenn Sie den Hund nicht anleinen!“

„Würde ich echt gerne machen, aber ich habe keine Leine dabei.“

„Dann nehmen sie eben ein Seil oder ihren Gürtel.“

Was für ein Optimist! Ich stand in einem leichten Sommerkleid vor ihm … kein Gürtel und schon gar kein Seil in meiner Nähe.

„Ich habe keinen Gürtel.“

„Das ist mir egal, leinen sie bitte sofort den Hund an.“

Jetzt wurde es mir zu blöd.

„Hören Sie, ich habe keine Leine dabei, ich trage, wie Sie sehen können, keinen Gürtel und ein Seil habe ich auch grad nicht dabei. Von hier bis zu meinem Wagen sind es ungefähr zweihundert Meter. Sagen Sie mir einfach, was ich wegen meines Vergehens zahlen muss, ich zahle gleich und in bar und anschließend verlassen wir sofort den Park.“

„Sie gehen hier keinen Schritt weiter, bis Ihr Hund angeleint ist.“

Nun wusste ich auch nicht mehr weiter. Hilfesuchend schaute ich meine Begleiter der Reihe nach an. Diese schauten interessiert zurück und waren offensichtlich gespannt, wie ich aus der Nummer rauskommen würde.

„Ich kann meinen Hund aber nicht anleinen. Weder mit einer Leine, noch mit Gürtel oder Seil. Was soll ich nun Ihrer Meinung nach machen?“ Ich war knapp davor, meine gute Laune zu verlieren.

„Ich sag es zum letzten Mal! Leinen Sie sofort Ihren Hund an. Wie Sie das machen, ist Ihnen überlassen.“

„Ok, wo ist die Kamera?“ fragte ich.

„Welche Kamera?“, irritiert sah der Parkwächter mich an.

„Wir sind doch jetzt bei „Verstehen sie Spaß“, oder etwa nicht? Wie dem auch sei, ich gehe jetzt. Tschüss“, sagte ich freundlich und ging blitzschnell um ihn herum und stracks Richtung Parkausgang. Mein Besuch heftete sich an meine Fersen. Und ob Sie es glauben oder nicht: Hinter uns rief der Parkwächter donnernd:

„Nehmen sie sofort den Hund an die Leine!“

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