Weihnachtsgeschenke

Eine liebe Freundin von mir, die Suse, stand schon in recht jungen Jahren alleine im Leben. Zwar gab es noch einen Cousin, der mit seiner Familie im Oderbruch lebte, aber man sah sich nicht sehr oft.

Suse war auch überzeugte Junggesellin. Sie wollte nicht irgendwen an ihrer Seite, sondern den Mann fürs Leben. Chancen hatte sie genug, wollte sie aber nicht. Sie wartete auf die echte Liebe.
Warum sollte sie es auch eilig haben. Sie sah gut aus, sehr gut sogar. Hatte einen richtig guten Arbeitsplatz, eine schöne Wohnung und natürlich uns, ihre Freunde. Suse war glücklich. Auch an Weihnachten, vor allem am Heiligen Abend.
Wir Freunde haben sie jedes Jahr eingeladen, sie hatte freie Wahl, aber, wenn überhaupt, ließ sie sich erst zum zweiten Feiertag einladen. Schließlich gab sie ihr Geheimnis preis, warum sie sich immer so auf den Heiligen Abend freute.

Wenn Suse beim Schoppen, oder beim Stöbern auf Kunst- und Flohmärkten etwas entdeckte, das ihr gefiel, kaufte sie es. Es konnte ein interessantes Buch sein, oder besondere Ohrringe oder ein schönes Tuch, was auch immer. Sie ließ es sich als Geschenk einpacken, oder machte das zu Hause selber. Dann versteckte sie das Geschenk im Kleiderschrank und versuchte, es zu vergessen.
Zur Adventszeit hatte sie feste Rituale. Jede Woche vor dem Fest wurde ein bisschen mehr weihnachtlich dekoriert. Kurz vor Heiligabend wurden dann noch die Fenster geschmückt, die letzten Kekse gebacken und der Weihnachtsbaum aufgestellt.
An Heiligen Abend holte sie die Geschenke aus dem Schrank und drapierte sie unter dem Weihnachtsbaum. Dann kochte sie sich ein Drei- bis Fünf-Gänge-Menu, und während sie in Ruhe und genüsslich speiste, begleitet von leiser Musik und sogar einem guten Wein, schweifte ihr Blick immer wieder über die Geschenkpäckchen. Und wie jedes Jahr, wusste sie bei den meisten Päckchen nicht mehr, was sich darin befand.

Vor dem Dessert war es dann für sie soweit:
Suse hockte sich vor den Weihnachtsbaum und begann, ihre Geschenke auszupacken.
Zuerst die, deren Inhalt ihr im Bewusstsein waren. Dann die, wo sie sich dachte, was es sein könnte, und dann die „vergessenen“ Überraschungen.
Glücklich und erfüllt sass sie später auf dem Boden vor dem Weihnachtsbaum mit ihrem guten Glas Rotwein zwischen Papier, Schleifen und Kästchen, aber vor allem inmitten der wunderschönen Geschenke.

Traditionell erhob sie ihr Glas in Richtung des Fensters. Dankbar und zufrieden rief sie: „Fröhliche Weihnachten!“

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